Hausbesuch

Ein Ausflug nach Ostbelgien ins Töpfereimuseum #AppnachRaeren

„Ja, wir werden auch töpfern.“ Yeah! Damit hatte Benjamin mich am Haken.

An einem Samstag im wenig sommerlichen Juni machte sich eine Handvoll Bloggerinnen und Blogger auf den Weg nach Ostbelgien. Wir folgten der Einladung von Benjamin Heinz und dem Töpfereimuseum Raeren.Und dieser Einladung folgte ich gern: Zum einen kenne ich Benjamin als sympathischen und tatkräftigen Menschen. Zum anderen interessieren mich Museen im ländlichen Raum und mit etwas anderen Themen. Letztlich hatte ich an dem Tag Zeit. Ein nicht zu unterschätzender Faktor.

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Im Frühtau nach Belgien wir zieh’n, fallera!

Das Grüppchen war eine gute Mischung von Menschen mit unterschiedlichen Blickwinkeln: Mit dabei waren Soledad Sichert/bonntouren.de, Michèle Lichte/bonnentdecken.de, Marc Heckert, Anke und ich, Wibke. Anke hat drüben auf ihrem Blog die App mGuide näher beleuchtet, die wir im Rahmen unserer Bloggerreise getestet haben.

Mit der Bahn fuhr ich von Köln aus nach Aachen. Dort sammelten uns Benjamin und Rolf Kammler ein. Nach Raeren kutschierte uns nämlich der Präsident des Trägervereins höchstpersönlich. Einander halb auf dem Schoß sitzend lernte ich Marc kennen und traf Michèle wieder. Bester Stimmung trafen wir nach kurzer Fahrt den Rest der Gruppe in der Gaststätte Haus Zahlepohl gleich neben der Burg Raeren.

Reisen macht hungrig. Ich lebte dereinst fünf Jahre lang in Aachen und vermisse die belgischen Reisfladen seitdem schmerzlich. Ein Glück, dass wir damit zur Begrüßung bestens versorgt wurden. Kaffee, Kuchen, eine schöne Location und nette Menschen voller Neugier – der Tag versprach, ein guter zu werden. Rasch ergaben sich intensive und sehr offene Gespräche mit Museumdirekter Ralph Mennicken, der Kunstvermittlerin Museumspädagogin Melanie Keifens und Rolf Kammler. Und genau darum ging es an diesem Tag: Um den Austausch und darum, etwas voneinander zu erfahren und zu lernen.

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Warum diese Bloggerreise?

Hierzu habe ich nach dem gemeinsamen Tag Benjamin befragt. Denn es ging nicht nur darum, ein paar hübsche Fotos und Blogbeiträge ins Web zu schicken, sondern die Bloggerreise ist Teil eines größeren Projekts. Ich erwischte ihn beim Lernen für seine BWL-Klausur und freue mich, dass er sich die Zeit nahm, mir auf meine Fragen zu antworten.

Wink' mal, Benjamin!
Wink‘ mal, Benjamin!

Benjamin studiert Geschichte und BWL an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. In seiner Masterarbeit untersucht er den Einsatz und die Wirkung von Online-Marketing in Museen und Kulturstätten. In diesem Zusammenhang entstand die Zusammenarbeit mit dem Töpfereimuseum Raeren und die Entwicklung der Museums-App mGuide.

Wibke: Wie kamt Ihr zusammen, Du und das Töpfereimuseum? Und wann?

Benjamin: Unser erstes mBook-Projekt startete in der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien und ein Kapitel des mBooks hatte lokalspezifisch das Raerener Steinzeug als Thema (‚Globalisierung in der frühen Neuzeit‘). Das Museum hat uns damals mit Materialien und Geschichten versorgt. Im Anschluss an diese Zusammenarbeit entstand gemeinsam die Idee des multimedialen Guides (mGuide). 2012, wenn ich mich recht erinnere.

W: Wie entstand die Idee zu dieser Bloggerreise?

B: Einer der Hauptgedanken meiner Masterarbeit ist, herauszufinden, inwiefern „Marketing“ auch Geschichtsvermittlung ist, bzw. wie das Verhältnis zueinander gestrickt ist. Zum anderen diskutiere ich die These, inwiefern „historische Angebote“, also Museen u.a. Marketing brauchen, um wahrgenommen zu werden. Das ist der Überbau. Konkret interessiert mich natürlich, welche Vorteile das Format Bloggerreise hat. Ich denke, es ist auf mehreren Ebenen spannend, weil sich die Blogger (hoffentlich) tatsächlich und qualitativ mit den Inhalten auseinandersetzen und sie in ihren Blogs & via Social Media kommunizieren. Zum anderen empfinde ich den Austausch zwischen Museum und  Bloggern wahnsinnig spannend, weil beide voneinander lernen können. Und im besten Fall eine längerfristige Beziehung aufbauen können.

Die Idee zur Bloggerreise entstand aus der Fragestellung der Masterarbeit, was sind Möglichkeiten einer sinnvoller Kommunikation der Museumsinhalte und der App. Die Bloggerreise ist neben der eigenen Kommunikation über Social Media (Blog, Facebook, Twitter, YouTube) und Präsentationen wie auf dem Histocamp z.B., das Herzstück der Kommunikationsstrategie.

 W: Was waren Eure Erwartungen an diesen Tag? Und wie war’s dann tatsächlich?

B: Wir wollten Spannung und Interesse wecken für das Museum und die App. Aber auch der gewinnbringende Austausch zwischen den Bloggern untereinander und dem Museum war mir wichtig. Das Schlimmste wäre gewesen, jemand langweilt sich schrecklich oder jeder hätte den Anderen furchtbar blöd gefunden. Zum Glück war das Gegenteil der Fall.

W: Wie geht es weiter mit Dir und dem Töpfereimuseum?

B: Erstmal Gehirnakrobatik und Saft investieren und (hoffentlich) Ende September die Masterarbeit abgeben können. Spannend werden die ergänzenden Sichtweisen, da die beiden anderen Beiteiligten aus jeweils unterschiedlichen Gesichtspunkten über das Projekt ihre Arbeiten schreiben.

Tobi wird vor allem über das Design und die ITt eingehen, Enzo auf die Konzeption der Schülerworkshops u.a. Mal sehen was am Ende der Masterarbeiten stehen wird.

Ich werde auf jeden Fall wiederkommen und mit dem Museum verbunden bleiben. Ralph [der Museumsdirekter] ist tierisch neugierig auf die Ergebnisse.

W: Super, vielen Dank. Viel Glück und Erfolg bei Deiner Klausur und der Masterarbeit. Ich freue mich auf alles, was da kommen wird!

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Prima, aber wie war’s denn nun im Töpfereimuseum?

Meine zweite Frage an Benjamin war damals, als er mich wegen der Bloggerreise fragte: „Öm … und WLAN?“ Denn natürlich wollten wir twittern und Fotos und Videos bei Instagram, Vine, Snapchat und Facebook posten. Normal. Nur ist WLAN in Museen eher Glückssache. Und dann auch noch auf dem Land. In Belgien! Nun: Kein Problem. Das WLAN funktionierte tadellos. Und wir bekamen genügend Zeit, um unsere Eindrücke der Welt da draußen mitzuteilen.

Bevor wir allerdings das Museum und die App erkundeten, gingen wir erstmal raus: Ralph Mennicken erzählte uns von der Kulturlandschaft in und um Raeren, der historischen Entwicklung und inwieweit das Draußen mit dem Drinnen im Töpfereimuseum zu tun hat. Das Grenzland war von jeher umkämpft und ging von Hand zu Hand, von Nation zu Nation. Spuren davon findet man überall im Ort. Von mir aus hätte dieser Spaziergang viel länger dauern können, denn die sanft hügelnde Landschaft wurde plötzlich zum sprechenden Bilderbuch. Leider zwang uns ein kräftiger Regenschauer nach drinnen. Wer gern wandert, findet dort übrigens zahlreiche Wege.

Das Töpfereimuseum gibt es seit 1963 und spielt in der Gemeinde Raeren wie auch international eine wichtige Rolle: Das Raerener Steinzeug wurde ab dem 16. Jahrhundert in die ganze Welt gehandelt. Ich ärgere mich, dass ich nicht alles behalten oder notiert habe, was Ralph Mennicken über die verschiedenen Aufgaben des Töpfereimuseums erzählt hat. Und da sind wir bei einem Kritikpunkt oder vielmehr einem Wunsch: Ich finde wenig oder eher nichts von diesen Geschichten im Internet, weder über die Bedeutung des Museums für die Raerener noch über die Forschung und Fundstücke aus aller Welt. Das Museum ist viel mehr als „nur“ die Ausstellung und höchst lebendig.

Die Ausstellung selbst hat mich etwas überwältigt ob der Menge an Ausstellungsstücken. Hier wünsche ich mir ein temporäres Hervorheben von einzelnen Exponaten mit seiner Geschichte. Mir hilft es, wenn ich über die Geschichte von einzelnen Stücken Zugang zur Sammlung finde.

Neben historischem Steinzeug wird auch die moderne Keramik gepflegt. Das Töpfereimuseum unterstützt Künstlerinnen und Künstler und vergibt jährlich den EUREGIO-Keramikpreis. Im September meist findet der Kermamikmarkt statt, bei dem der Preis dann vergeben wird. Ein guter Anlass für einen Besuch!

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Erkundungen mit dem mGuide

Eine App kann bei der Erkundung einer Ausstellung absolut hilfreich sein. Ich stehe Apps für Orte jedoch etwas skeptisch gegenüber. App finden (!), runterladen (Ist genügend Speicher frei? Gibt’s WLAN? Ist das WLAN flott genug?), verstehen (Nutzerfreundlichkeit ist Kunsthandwerk) und natürlich die Frage, wie nützlich und charmant die App dann ist. Was man erst erfährt, wenn man alles geschafft hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Apps in Schönheit sterben: Bildlastige Apps lenken mich eher ab, während ich doch auch im Museum gucken möchte. Videos und AR dann, wenn sie wirklich sinnvoll sind. Text gern nach Matrjoschka-Prinzip, bei dem ich also wählen kann, ob mir eine kurze Info reicht oder ob ich mich bei ausgewählten Werken reinlesen will.

Mir persönlich liegt eine Mischung aus Audio-Guide und Text am besten. Audio schafft eine Art Kokon um mich herum, in dem ich mich mit dem auseinandersetzen kann, was ich sehe, und über das ich mich mithilfe von Text in meinem eigenen Tempo informieren kann, wann und wenn ich das will. Ich würde die Inhalte vielleicht nach Medienformat voneinander trennen, weil man sonst schnell von dem Angebot erschlagen wird. Aber dazu gab es vor Ort bereits gute Gespräche und unser Feedback kam an. Übrigens positiv hervorzuheben sind die Leih-Tablets, auf denen die App bereits vorinstalliert sind. Fand ich sehr praktisch.

Kultur und Bildung: Jugend forscht – und die Blogger auch

Als Projekt finde ich den mGuide super, weil in der Zusammenarbeit mit den Jugendlichen viel Gutes und Eigenständiges entstanden ist. Genau solche Projekte braucht es, in denen Menschen eigenverantwortlich und aus eigenem Interesse heraus Kultur, Kulturgeschichte und Wissen erkunden und in eigenen Geschichten und Bildern verarbeiten können. Was wir über die gemeinsame Arbeit an der App mit den Schülerinnen und Schülern erfuhren, fand ich überaus bereichernd. Zumal enge Bindungen an das Museum enstanden sind und eine neue Wahrnehmung der Historie der Region, in der diese jungen Menschen leben.

Herumlaufen, reden, gucken, zuhören, nachdenken: Was waren wir? Genau: hungrig! Zum deftigen Burgteller (yummy!) gab’s belgisches Bier nach Wahl. Wie kommt das eigentlich, dass es selbst in einer kleinen Gaststätte in Belgien gleich drei Biere vom Fass gibt? Ich will das auch! Zu jedem Bier gibt es übrigens ein eigenes Glas. Und es gibt sogar familieneigene Biersorten. Ich bin begeistert.

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Mit einem kleinen Schwips landeten wir dann im Keramikatelier. Museumspädagogin Melanie Keifens teilte uns Ton ab, wir kneteten ihn warm und los ging’s beim Töpfermarathon! Die Stücke werden später gebrannt und beim Keramikmarkt im September gegen eine Spende abgegeben. Der Erlös fließt in die Jugendarbeit vor Ort. Unter dem ermutigenden Blick von Melanie, Ralph, Rolf und Maskottchen Potti gingen wir begeistert zu Werke. Schon erstaunlich, wie rasch alle etwas Tolles getöpfert hatten. Und Ton riecht so gut! Das weiß ich nun auch.

Dann war der Tag auch schon wieder vorbei

Und es war ein guter Tag. Bestens organisiert: Eine kleine Gruppe, eine offene, wertschätzende Atmosphäre, gute und ausreichende Verpflegung, Zeit zum Twittern, Knipsen, Instagramen, WLAN und ein abwechslungsreiches Programm. Raeren ist ein schöner Ort, den ich gewiss wieder besuchen werde – zum Wandern und für einen Besuch im Töpfereimuseum.

Wir sehen uns wieder!

Das Töpfereimuseum bei Facebook
Das Töpfereimuseum bei Twitter

Was ich mir wünsche: Ein Blog oder ein Podcast mit all den Geschichten, die wir allein an diesem Tag hörten. Ganz wunderbar. Und das gehört unbedingt ins Digitale, weil man besser begreift, was ein solcher Ort regional wie international bewirkt und dass solche Orte gerade im ländlichen Raum von Bedeutung sind. Daher wünsche ich mir außerdem, dass Social Media noch mehr integriert wird, damit das Töpfereimuseum Raeren ein funkelnder, lebendiger Knotenpunkt auf der digitalen Landkarte wird.

Benjamin Heinz bloggte übrigens vor einer Weile über das Töpfereimuseum als Kulturtipp im Blog von Tanja Praske.

.Anmerkung 1: Der Beitrag ist  im Rahmen der Einladung zur Bloggerreise #AppnachRaeren entstanden. Herzlichen Dank, liebes Team des Töpfereimuseum Raeren. Und herzlichen Dank, lieber Benjamin!

Anmerkung 2: Das Töpfereimuseum Raeren ist leider nicht barrierefrei.

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