Ein weiter Blick übers Land. Die Eifel. In der Ferne das Braunkohlerevier und die Kohlekraftwerke. Irgendwo weiter östlich erahnt man Köln. Dann geht es durch die Wälder und an den Soldatenfriedhöfen die Serpentinen hinab ins Tal der Kall. Hürtgenwald. Vieles hier erinnert an die Kämpfe im Zweiten Weltkrieg, die zu den schwersten überhaupt gezählt werden. Inzwischen wird die Gegend vor allem von Tourist*innen und Radfahrer*innen geschätzt. Simonskall, das Ziel meiner Reise, zeugt hiervon: Wiewohl aktuell nur 36 Einwohner*innen gibt es hier überraschend viele Gasthöfe, Cafés, Pensionen und Hotels. Der Nationalpark Eifel ist nicht weit und es gibt ein gut ausgewiesenes Wanderwegenetz. Und es gibt ein Haus des Gastes, die Touristeninformation. Das ist deshalb interessant, weil diese im Junkerhaus zu finden ist.
Das Junkerhaus, Simonskall und die Kalltalgemeinschaft

Das Junkerhaus steht unter Denkmalschutz und wurde um 1608 erbaut. 1919 wurde es zum Genius Loci der Kalltalgemeinschaft. Eine Gruppe von Intellektuellen, Schriftsteller*innen und Künstler*innen schuf sich dort einen Ort, um miteinander zu arbeiten, zu denken, zu schreiben, zu lesen – oder einfach in den Himmel zu gucken. Nun, man war jung und hatte Schlimmes hinter sich, natürlich wurde auch dem Alkohol zugesprochen und, nun, man kam sich näher.
Insbesondere in diesem Jahr sprechen alle vom Bauhaus. Aber es ist hochinteressant, wieviele Künstlergemeinschaften sich in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg fanden. Da lag etwas in der Luft.
An dieser Stelle eine warme Empfehlung für die frisch gelaunchte Website zur Kalltalgemeinschaft, wo man sich gut einlesen kann. Schön auch die Ton- und Bilddokumente. Eine Selbstverständlichkeit sind auch die gut lesbaren Texte nicht. Da spürt man, dass Menschen mit Überzeugung und dem Wunsch, sich mitzuteilen und anderen verständlich zu machen, beteiligt waren. Einige davon saßen gestern Abend in der Talschenke in Simonskall und erzählten über die Zeit, über die Menschen der Kalltalgemeinschaft und den Ort. Doch ich greife vor.
Vor hundert Jahren also wurde ein Haus in einem von Armut geprägten Dorf in der tiefsten Eifel zu einem Ort für Kunst, Literatur, Philosopie und Gesprächen über Utopien.
Wie wollen wir leben? Welche Welt wünschen wir uns?
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