Igelfreundliche Umgebung

Kultur beginnt im Herzen jedes einzelnen. *

Johann Nepomuk Nestroy (1801 – 1862)

Das ist ein Kulturblog. Und das ist ein politischer Blogpost.

Wir haben uns entschieden, dass wir hier auch Flagge zeigen, Stellung beziehen wollen. Gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Hetze, gegen rechte Tendenzen, gegen Diskriminierung, gegen Nazis, gegen Gewalt, gegen Kleingeistigkeit und Stammtischparolen. Wir wollen in einem Deutschland leben, das bunt, weltoffen, freundlich und herzlich ist. Kunst und Kultur sind nicht immer, aber oft auch politisch. Wir sind der Überzeugung, dass das, was uns antreibt, was wir seit Jahren unternehmen und worüber wir hier schreiben und berichten: nämlich Kreativität, Vernetzung, über den eigenen Tellerrand schauen, Inspiration, lebenslanges lernen, nur möglich sind, wenn man bereit ist Augen, Herz, Arme und Geist zu öffnen.

Wie arm wird ein Land, wenn es seine Menschen, mit all ihren Fähigkeiten, Kenntnissen, Ideen und Leidenschaften vertreibt und wie reich kann sich ein Land schätzen, wenn diese Menschen ihre Fähigkeiten, Kenntnissen, Ideen und Leidenschaften mitbringen. Während der Diktatur der Nazis wurden Millionen von Menschen vertrieben und ermordet. Mit der jüdischen Kultur hat dieses Land einen unglaublichen Schatz verloren. Wer einmal in den jüdischen Vierteln in den Metropolen der Welt war, weiß genau, was hier an Lebensart, Literatur, Musik, Film, Theater, Kulinarik verlorengegangen ist – und was immer noch fehlt.

Mehr als 1.500 in der Filmindustrie Tätige haben Deutschland nach der Regierungsübernahme durch die NSDAP verlassen.“ [Wikipedia]
Das Hollywood der 30er und 40er Jahre wurde wesentlich von diesen Flüchtlinge geprägt.

Das Bauhaus wurde 1933 von den Nationalsozialisten geschlossen und alle Lehrkräfte entlassen. Fast alle gingen ins Exil. Nahezu die komplette künstlerische Avantgarde eines Landes wurde vertrieben. Ein Land, auch kulturell am absoluten Tiefpunkt. Erst Mitte/Ende der 50er Jahre konnte hier wieder etwas neues, relevantes entstehen.

Berthold Brecht, Heinrich, Thomas, Erika, Klaus Mann, Lion Feuchtwanger, Hanns Eisler, Fritz Lang, Kurt Weill, Elias Canetti, Ödön von Horváth, Robert Siodmak, Else Lasker-Schüler, Franz Werfel, Erich Maria Remarque, Carl Zuckmayer, Hilde Rubinstein, Nelly Sachs, Max Reinhardt, Peter Lorre, Max Ophüls, Otto Preminger, Billy Wilder, Paul Hindemith, Joseph Schmidt, Herbert Bayer, Max Beckmann, Heinrich Campendonk, Alfred Eisenstaedt, Lyonel Feininger, Walter Gropius, Raoul Hausmann, Kurt Schwitters, Hannah Arendt … ach die Liste ist so endlos . …traurig.

Öffnen wir also Arme, Herzen und den Geist für die Vertriebenen und für die Leidenschaften, Ideen, Kenntnisse und Kultur, die sie mitbringen: http://www.zufluchtkultur.de inszeniert Mozarts Cosi fan tutte mit syrischen Flüchtlingen.

Das Theater Augsburg inszeniert Mozarts Zaide mit Flüchtlingen aus unterschiedlichen Kulturen.

Heute sind wir auf Twitter auf den Artikel im art Magazin aufmerksam geworden, das die Geschichte von Paul Peter Rubens erzählt, wie er als Flüchtlingskind nach Köln kam.

Anke engagiert sich für eine Flüchtlingsprojekt in Frechen und berichtete neulich über eine eritreische Kaffezeremonie im Rahmen eines Sommerfest. Wie wunderbar und genußvoll.

Eritreische Kaffeezeremonie

<utes kleiner rant>In einem Land, in dem wir zu einem Unternehmen rennen, das uns für viel Geld amerikanische Kaffeekultur (Amerikanische Kaffeekultur?! Hallo?) verkauft, seine Gewinne einstreicht, hier aber keinen Euro Steuern zahlt. Wer protestiert dagegen? Warum übernehmen wir blind kommerzialisierte amerikanische Kultur (JungesellInnenabschiede, Halloween, amerikanisierte Hochzeiten und Weihnachten), das muslimische Zuckerfest ist aber immer noch nicht in unserer Mitte angekommen, obwohl in Deutschland die zweitgrößte muslimische Gemeinde in Europa lebt. </utes kleiner rant>

Wibke hat in Vorbereitung zum Projekt #ourStories im Kölner Agnesviertel, in dem Geflüchtete ihre Geschichten und von ihren Hoffnungen erzählen, ein Essen mit ausgerichtet, weil gemeinsam essen eine einfache Willkommensgeste ist, über alle Sprachbarrieren und Kulturen hinweg. Im Tumblr-Blog kann man sich über den Fortgang informieren

Gemeinsam essen, miteinander sprechen: Treffen mit geflüchteten Menschen. Bereichernd. Alle etwas aufgeregt ;-). #ourStories

Ein von Wibke Ladwig (@sinnundverstand) gepostetes Foto am

Wir sind alle drei in der Projektgruppe für das fabelhafte Projekt WelcomeGrooves, das von Eva Brandecker initiiert wurde. Eva hatte eine Idee für einen Sprachkurs für Flüchtlinge, hat ein paar Leute angemailt und nach wenigen Stunden wurde mit inzwischen über 60 Menschen in einer geschlossenen Facebookgruppe daran gearbeitet. Heute, keine vier Wochen später ist das Ergebnis enorm, und Ende September soll er veröffentlicht werden. Der Sprachkurs, der online und mobil abrufbar sein wird, aber auch offline nutzbar, soll auch ein kultureller Willkommensgruß sein. Mehr dazu im Storify oder bei Twitter unter #welcomegrooves.

Wir reihen uns gerne mit ein, in das Projekt Blogger für Flüchtlinge [inzwischen offline], dass von Nico Lumma, Stevan Paul, Karla Paul und Paul Huizing initiiert wurde. Wir denken, dass jeder etwas tun kann. Jeder, so wie er kann und wie es seine Möglichkeiten erlauben. Stellung beziehen, darüber schreiben, darüber reden, vor Ort mithelfen, zu spenden, zu teilen. Es ist ganz einfach.
Hilfreich und gut ist das 26 Regel Statement [inzwischen offline].

Alle großen karitativen Organisationen bieten Möglichkeiten an, Geld oder Sachspenden für Flüchtlingsunterkünfte zu geben. Mit den Spenden via Blogger für Flüchtlinge / a better place werden verschiedene Flüchtlingsprojekte finanziell unterstützt. Auf der Seite findet ihr auch weitere Auflistungen von Möglichkeiten zu helfen. Wir denken, dass es neben allgemeinen Geld- und Sachspenden am sinnvollsten ist, sich vor Ort, in der eigenen Region, am Wohnort oder im Viertel umzuschauen, welche Initiativen oder Gemeinden sich für Flüchtlinge engagiere und dort nachzufragen, welche Hilfe genau benötigt wird. Birte Vogt betreibt das Portal Wie kann ich helfen, wo sie Informationen zu solche Initiativen zusammenträgt. Sie recherchiert zu jeder einzelnen und überzeugt sich davon, ob die Arbeit seriös und gut ist. Auch Birte kann man für ihre ehrenamtliche Arbeit finanziell unterstützen.

Es geht um akute Ersthilfe, aber auch um mittel- und langfristige Maßnahmen, wie Wohnraum, Deutschkurse, Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Ein lesenswerter Beitrag im Rosegarden Magazin. Zuforderst aber müssen noch mehr Herzen, Arme, Augen und Geist geöffnet werden.

#refugeeswelcome

Anke, Ute, Wibke

 

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4 thoughts on “Kultur beginnt im Herzen jedes einzelnen. *
  1. Wunderbar – ich finde es sehr wichtig, dass ihr auch im Kulturblog Stellung bezieht! Und ist Kultur nicht irgendwie auch politisch? Viele Grüße, Marlene

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