Igelfreundliche Umgebung

Stadt. Land. Duisburg. Leverkusen. Wesseling

Am 4. März wurde #StadtLandBild in die Kohlenstoffwelt getragen und es gab verschiedene Walks, bei denen Instagramer und Fotobegeisterte im Geiste von Albert Renger-Patzsch auf Motivsuche gingen.

Im Auftrag der Pinakotheken veranstalteten wir drei Walks. Auf Facebook drüben haben wir die Herbergsmütter-Blicke in einem Album zum Durchblättern versammelt.

In München war man mit #StadtLandMuc schon am Vormittag unterwegs und übergab den Staffelstab dann an uns, die wir an drei verschiedene Orte um Köln und im Ruhrgebiet eingeladen hatten. Drei Orte, die sich einerseits in ihrer Topographie unterschieden, andererseits aber alle durch die Industriekultur geprägt wurden. Es war eine äußerst spannende Spurensuche.

#StadtLandWess

Mit @michelelichte @jeuli @jewoda @lunatorinvonbonn @1tuetegedanken @newa1960 und @zabaioneza (und Ute ohne Instagram-Account) bin ich (Anke) um die Anlagen der Erdöl-Raffinerie von Shell herumgewandert. Die Anlage liegt in Wesseling am Rheinbogen und grenzt an Kölns Süden. Ich hatte den Standort gewählt, weil diese Ecke von Wesseling mich schon immer angezogen hat. Wenn man zum Beispiel von Bonn kommend nach Köln fährt, braust man mit dem Auto mitten durch die riesigen Industrieanlagen, die vor allem nachts eindrucksvoll beleuchtet sind.

In Wesseling Süd ist man allerdings nicht nur inmitten der imposanten Werksanlagen, sondern wir konnten nach einer kleinen Wanderung über die Felder auch noch die dörflichen Strukturen von Urfeld erleben.

Im Katalogtext zur Ausstellung „Albert Renger-Patzsch. Ruhrgebietslandschaften“ habe ich den Hinweis auf einen spannenden Text von Joseph Roth gefunden, den ich für die Teilnehmerinnen zu Beginn unseres Fotowalks rezitiert habe. Es handelt sich um den Essay „Trübsal einer Straßenbahn im Ruhrgebiet“, den Roth zu ungefähr derselben Zeit schrieb, als Renger-Patzsch mit seinen Ruhrgebietslandschaften unterwegs war. Für mich war das ein ganz wunderbarer Impuls, sich zwischen Stadt und Land einzusehen. Dort heißt es:

„Wir fahren durch eine lange Straße, an schwarzen Häusern und Häuserlücken vorbei, an Brettern, an Zäunen, an einem Gelände, das keinen Sinn hat, nicht die Erwartung, jemals einen Garten, einen Acker oder ein Haus zu tragen.(…) Jetzt kommen Schrebergärten, kleine Häuschen aus Dachpappe, die Sommerschlösser des kleinen Mannes und des Kaninchens. Auf spitzen Zaunlatten sind Krüge, Töpfe, Schüsseln aufgespießt wie abgeschnittene Häupter. Eine Fabrik, rote Ziegel, Backsteine, ein eisernes Gitter, ein kleines Portierhäuschen aus weißem Stein, mit sichtbarer Kontrolluhr, dahinter große Schlote, vier, fünf, sechs, bereit, sich noch zu vermehren, ihnen soll’s nicht darauf ankommen.

Das Land will immer wieder anfangen, Land zu sein – und kann’s nicht.“

Die wirklich tollen Beiträge der Teilnehmerinnen an #StadtLandWess tragen diese Worte in sich. Eine kleine Auswahl der schönsten Beispiele habe ich (Anke) hier zusammengestellt:

Es gibt auch einen wunderbaren Blogbeitrag mit weiteren fabelhaften Fotos von unserem Walk aus der Sicht einer Teilnehmerin.

#stadtlandduis

Ich (Ute) hatte mich für Duisburg entschieden, weil ich fand, dass unbedingt eine Stadt im Ruhrgebiet dabei sein sollte und die Studenten der Folkwangschule ja schon gut rund um Essen gearbeitet haben. Duisburg Ruhrort habe ich bei meiner ersten stARTconference 2011 kennengelernt und es als sehr bezaubernd empfunden. Ruhrort liegt fast wie eine kleine Halbinsel  am Duisburger Hafen – den größten Binnenhafen Europas – da wo Rhein und Ruhr zusammenfließen und hat sich einen kleinstädtischen Charme bewahrt.
Der klevische Ort wurde 1371 auf dem ehemals links- und nach dem Rheindurchbruch rechtsrheinischen „Homberger Werth“ gegründet, auf dem die Grafen von Moers eine Rheinzollstelle errichteten. 1712 entstand dort die erste Schiffswerft und 1716 wurde der erste angemessene Hafen angelegt.  Als erstes Haus außerhalb der Ruhrorter Stadtmauer wurde 1756 das Stammhaus der Familie Haniel gebaut, die Ruhrort bis heute prägen. 1905 wurden Ruhrort und Meiderich mit Duisburg zur Großstadt vereinigt, die Häfen zusammengeschlossen. [Wikipedia]

Unsere Gruppe war recht klein, mit Hildegard Mihm, Regina Küpper und Joachim Bomann stromerten wir zu viert herum. Wir starteten ganz konzeptionell an der Albertstraße, überquerten die Ruhr und zwei Kanäle um dann entlang des Vinckekanals Ruhrort einzukreisen und ein bisschen kreuz und quer zu durchlaufen. Wir stärkten uns bei sensationell gutem Kuchen in der Konditorei Kurz und traten von da wieder die Heimreisen an.

Weitere Fotos gibt es unter #stadtlandduis bei Instagram.

#stadtlandlev

Leverkusen kennen viele nur vom Hindurch- oder Vorbeifahren. Das Bayer-Kreuz, das „Ufo“ (der Wasserturm) und die Autobahnbrücke sind weithin sichtbare Landmarken. Die Stadt selbst ist noch jung: Zwar gab es schon in der Römerzeit menschliche Ansiedlungen, doch entstand Leverkusen erst durch die Industrie. Mitte des 19. Jahrhunderts, genauer im Jahr 1861, verlegte der Apotheker und Unternehmer Carl Leverkus seine Chemiefabrik von Barmen an den Rhein bei Wiesdorf. Auf das unbesiedelte Brachland ließ er Arbeitersiedlungen bauen − und er gab diesen den Namen Leverkusen.

Nach dem Tod von Leverkus verkauften seine Söhne 1891 alles an Bayer, die sich 1865 in Wuppertal gegründet hatten. Daraufhin wurde die weitere Bebauung geplant. Die Bayer-Kolonien entstanden: Häuser zum Wohnen, soziale Einrichtungen und Begegnungsstätten wie das Erholungshaus oder das Kasino. Die Direktoren von Bayer wohnten nahe des Betriebs in Unternehmervillen. Der Name Leverkusen blieb. Die Bevölkerung wuchs von knapp 3.400 Einwohnern im Jahr 1895 auf über 21.000 im Jahre 1915.

In Leverkusen treffen Wohnen und Arbeiten, Kulturlandschaft und Industrie, Natur und Mensch hart aufeinander. Leverkusen ist eine Stadt, die auf den zweiten Blick besticht. Für mich (Wibke) ein perfekter Ort, um ihn auf den Spuren von Albrecht Renger-Patzsch zu entdecken. Es gab sogar viel mehr zu sehen, als ich erwartet hatte. Unsere Gruppe (@ronmind @juspezial @thegrooves @tagesschnipsel @grillenfaenger @_konzer @sinnundverstand) war dann auch vier Stunden unterwegs.

Schneckengleich robbten wir den geplanten Weg entlang, der uns am Chempark vorbei Richtung Rhein und von dort aus durch die Bayer-Kolonie II am Erholungshaus vorbei in eines der drei Stadtzentren von Leverkusen zurück an den Bahnhof Leverkusen-Mitte führen sollte. Mit einer kleinen Einführung zu Renger-Patzsch und mithilfe des Ausstellungskatalogs eingestimmt brauchten wir allein bis zum Rhein schon zwei Stunden. Dort rasteten wir in der Wacht am Rhein und stärkten uns mit Waffeln.

Ein Perspektivwechsel ist seit jeher fester Bestandteil vieler Kreativitätsmethoden. Die Rolle eines anderen einzunehmen verändert den Blick auf die Welt. Einige unserer Gruppe und ich auch hatten auch immer mal bei den Assignments von @thisaintartschool mitgemacht, die ähnlich wie #stadtlandbild zu einer tieferen Beschäftigung mit einem Künstler oder einer Künstlerin einladen.

Im Vergleich zu der Zeit von Renger-Patzsch ist die Präsenz von Werbung im öffentlichen Raum ebenso angestiegen wie die von Autos und anderen motorisierten Fahrzeugen. Und überall sind Schilder. Das Wesen der Dinge ist daher mitunter bei allem Blinki-blinki und Gewusel schwerer zu erfassen.

Es sind Hunderte von Fotos an diesem Tag entstanden. Ein Teil davon landete unter dem Hashtag #stadtlandlev in diesem Internet. Eine kleine Auswahl stellte ich für diesen Beitrag zusammen. Fabelhafte Bilder entstanden und es war eine super Gruppe!

#stadtlandbild

Noch bis zum 23. April ist die Ausstellung Ruhrgebietslandschaften von Albert Renger-Patzsch in den Pinakotheken zu sehen. Dort werden als digitale Bilder auch Fotos von Instagram mit dem Hashtag #stadtlandbild gezeigt. Mehr über die Social-Media-Aktion im Blog der Pinakotheken. Am 6. April wird es eine Podiumsdiskussion vor Ort geben.

Die Kulturkonsorten widmen sich in einem Blog zur Ausstellung den Zwischenräumen.

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