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Wohin geht die Reise? Die #LVRKulturkonferenz

Wie können Tourismus und Kultur zusammen gedacht werden? Welche Kooperationen sind sinnvoll und möglich? Wer kann etwas von guten Beispielen aus der Praxis erzählen, was sagt die Forschung dazu? Und die Frage aller Fragen: Wie wirkt sich die Pandemie auf den Kulturtourismus aus?

Pandemiebedingt fand die LVR-Kulturkonferenz in diesem Jahr online statt. Sie widmete sich diesen und anderen Fragen danach, wie zeitgemäßer Kulturtourismus insbesondere im Kulturland Rheinland aussehen kann – jetzt und in Zukunft.

Wir Herbergsmütter freuten uns, im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem LVR-Dezernat Kultur und Landschaftliche Kulturpflege an der LVR-Kulturkonferenz mitzuwirken: Wir begleiteten die Kommunikation der #LVRKonferenz in Social Media und entwickelten mit dem #LVRErfrischungsraum einen interaktiven Raum mit kreativen Impulsen und der Möglichkeit zum Austausch in der Mittagspause.

Ein Tablet, ein Headset und ein paar herbstliche Blätter auf einem Tisch

Der #LVR Erfrischungsraum

Online-Konferenzen haben enorme Vorteile: Umständliche oder zeitraubende Reisen fallen weg, damit auch Kosten und an digitalen Veranstaltungen können auch Menschen teilnehmen, die u.a. aus diesen Gründen nicht an Präsenzveranstaltungen partizipieren können.

Doch es geht auch einiges verloren, was über die Inhalte hinaus eine Konferenz wertvoll macht: Der zufällige Austausch mit Gleichgesinnten über das Gehörte, der freundliche Schwatz an der Kaffeemaschine und der Abstand zum Alltag. Da kommen wir ins Spiel: Menschen spielerisch in digitalen Räumen miteinander in Kontakt bringen und zu kreativen Turnübungen zu animieren, das war der Plan. Und so beteiligten sich einige der Konferenz-Teilnehmenden mit Fotos ihrer Kaffeetassen oder der Pizza vom Mittagessen. Sehr beliebt waren auch ein paar Small-Talk-Begegnungen an der „Kaffeemaschine“, wo über Großmutters Geschirr oder das Wetter geplaudert wurde. Das sind ja die Dinge, die eigentlich bei Online-Konferenzen schmerzlich fehlen. Und auch wenn sich sicher viele in der Mittagspause nochmal kurz ihrem eigenen E-Mail-Postfach zuwenden mussten, gab es doch einige Kommentare in unseren Flashback-Runden. Wir hatten aufgefordert, dort blitzlichtartig festzuhalten, was einem aus den verschiedenen Panels in Erinnerung geblieben war.

Vernetzung mit Blick auf die Zukunft

Inhaltlich wurde in den Vorträgen und Diskussionen deutlich, wie wesentlich Nachhaltigkeit aber auch die Stärkung der einzelnen Akteur*innen in Netzwerken für den Kulturtourismus sind. Die Kulturkonferenz startete mit einem Blick auf den gesellschaftlichen Wandel und die damit einhergehenden Trends aber auch die Herausforderungen, vor denen sowohl Kulturbetriebe als auch Tourismusinstitutionen und Destinationen zukünftig stehen. Matthias Burzinski vom projekt2508 sprach in seinem Vortrag über einen erzwungenen Umbruch durch die Corona-Pandemie, den die Branche überleben müsse.

Prof. Dr. Edgar Kreilkamp von der Leuphana Universität Lüneburg sprach über Nachhaltigkeit im Kulturtourismus und betonte in seinem Input, dass das nicht Verzicht bedeuten müsse, sondern darin auch die Chance auf mehr Qualität liegen würde. Die Kultur könne ein wichtiger Treiber sein in der gesellschaftlichen Entwicklung und ein Verständnis für (auch gefühlte, nicht nur gesagte) Nachhaltigkeit befördern.

Dr. Gabriel Gach vom LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler fragte sich anschließend, wie man Kulturtourismus nachhaltig gestalten könne? Ihm ging es in seinem Vortrag auch darum, die Ressource Kultur zu stärken und er brachte Praxisbeispiele aus dem LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler.

In dem ersten Panel der LVR-Kulturkonferenz wurde klar, dass Nachhaltigkeit auch heißt: Teilhabe ermöglichen. Und das bedeutet unbedingt Barrierefreiheit. Das Verwenden von einfacher Sprache und dass alles inklusiv gedacht wird. Vor allem aber auch, dass man danach handelt. Digital und vor Ort.

Am zweiten Tag dann ging es um smarte Allianzen im Sinne von Kooperationen, Netzwerken und Verbünden. Prof. Dr. Thomas Schleper vom LVR-Dezernat für Kultur und Landschaftliche Kulturpflege stellte die Idee der Themenjahre in den Mittelpunkt seines Vortrags und hinterfragte diese Praxis auch im Hinblick auf den nachhaltigen Erfolg. Schleper sieht Themenjahre als „kulturkalendarische Lagerfeuer“, die Synergien zwischen unterschiedlichen Stellen, Institutionen, Zielgruppen schaffen könnten.

Claudia Hessel von der Kölner Offenbach-Gesellschaft berichtete über das Offenbach-Jahr 2019 und zog eine Bilanz des Themenjahres aus Veranstalterinnen-Sicht. Es sei auf jeden Fall erreicht worden, dass Offenbach nun in seiner Geburtsstadt deutlich präsenter sei. Aber man könne sicher die Kommunikation solcher Themenjahre in den digitalen Raum noch deutlich ausbauen.

Gleich zwei Netzwerk-Projekte wurden für die Euregio Maas-Rhein vorgestellt. Detlef Stender arbeitet beim LVR-Industriemuseum, Tuchfabrik Müller. Er berichtete über die Wollroute in der Euregio Maas-Rhein, die Anlässe für kulturtouristische Reiseplanungen bietet. Julia Schaadt vom Region Aachen Zweckverband stellte das Kombiticket „auf ins museum – naar het museum!“ vor, bei dem 28 Museen sich zusammengetan haben. Hier können die einzelnen Museen sich gegenseitig stärken, gemeinsam werben und zum Besuch motivieren. Im letzten Vortrag der LVR-Kulturkonferenz kam noch einmal die Kunst ins Spiel. Kurator Wilko Austermann stellte seine Ausstellungskonzepte vor, mit denen er Kunst in Hotels bringt. Eine perfekte Steilvorlage für den Kulturtourismus und ein schöner Impuls, mit Off-Spaces und einem Perspektivwechsel neue Publikumsschichten anzusprechen.

Authentizität der Orte und Empathie für Besucher*innen

Ein besonderer Fokus wurde auf die Nutzer*innen kulturtouristischer Angebote gelegt. Im zweiten Panel des ersten Tages auch mit Herbergsmütter-Beteiligung. Nachdem Dr. Yvonne Pröbstle einen typologischen Streifzug durch die Kulturtouristiker*innen unternahm und auf deren Vorlieben bzw. Gewohnheiten abhob, konnte Anke anhand von der Persona Methode nochmal ausführen, wie diese als Grundlage einer zeitgemäßen Visitors Experience im Kulturtourismus funktionieren kann.
Jens Nieweg von Tourismus NRW brachte in diesem Zusammenhang den Einblick in die Praxis und berichtete von dem Vorteil, den „Kulturpäckchen“ als zielgruppengerechte Argumente für eine Reise haben können.

Dr. Katja Drews vom Zukunftszentrum Holzminden-Höxter sah in ihrem Vortrag die großen Chancen in der Begegnung von Tourist*innen und Einheimischen bei Kunst und Kultur. Sie hat darüber in ihrer Dissertation geforscht. Als Ergebnis ihrer Forschung berichtete sie davon, dass interessanterweise Menschen auf Reisen eine andere Aufgeschlossenheit für Kunst und Kultur mitbrächten, als in ihrem Alltag. Gleichzeitig betonte Drews aber die Kraft der lokalen Identität, die Bewohner*innen mit Kunst und Kultur in ihrer Region hätten. Hier sieht sie sehr viel Potential für den Kulturtourismus.

Marianne Hilke leitet die Vermittlung des Archäologischen Parks in Xanten. Sie gewährte Einblicke in die Erstellung einer besonderen Game-App, bei der sich neun Museen im Rahmen eines grenzüberschreitenden Interreg-Projektes zusammengetan hatten. Mit RheijnLand.Xperiences entstand ein Projekt, das passgenau auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnitten war. Die Entwicklung der Story, das Zusammenstellen verschiedener Bausteine aus den beteiligten Museen – all das war ein ambitioniertes Vorgehen, dass keines der beteiligten Häuser alleine gestemmt hätte. Leider machte Corona dem Projekt einen Strich durch die Rechnung und bislang konnte man die Früchte der drei Jahre dauernden Projektentwicklung noch nicht ernten.

Als Dritte im Bunde berichtete Dorothea Müller-Kliemt von der Stadtbibliothek Berlin-Mitte über das Escape Game „Das verschollene Manuskript“. Die Bibliothek hatte sich am Prinzip der beliebten Escape Rooms orientiert und mit der Geschichte um Kurt Tucholsky in den dreißiger Jahren auch generationsübergreifend Menschen für ihre Einrichtung interessieren können.

Es können Orte und Regionen durch das Zusammenkommen von Bewohner*innen und Tourist*innen gestaltet werden, fasste Katja Drews dieses Panel mit seinen vielen Praxisbeispielen zusammen. Sie verweist auf den Begriff des Creative Placemaking, der eine besondere Form des Community Building darstelle.

Und so war diese erste zweitägige LVR-Kulturkonferenz vor allem auch dies: Ein Treffpunkt für Expertinnen und Experten mit den Menschen aus der Praxis. Eine rege Beteiligung auf Twitter unter dem Hashtag #LVRKulturkonferenz brachte die ein oder andere Frage in die Runde und auch mit der Rückmeldung und Beteiligung im Chat konnten die Veranstalterinnen durchaus zufrieden sein.

Unser Fazit: Wenn ein analoges Treffen nicht möglich ist, lohnt sich eine Online-Konferenz auf jeden Fall. Denn es geht um den Austausch und um den Einblick in die Praxis. Denn eines ist klar: Wir brauchen mehr innovative Ideen für die Zukunft. Und unbedingt auch die Reflexion über den Status Quo. Dann kann man auch langsam den Horizont sehen und wissen, wohin die Reise möglicherweise gehen könnte.

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