Fisimatenten Hausbesuch

#kunstputz mit dem Deutschen Staubarchiv

Wolfgang Stöcker | Deutsches Staubarchiv

Am 21. März begeben wir uns mit dem Deutschen Staubarchiv auf eine Staubführung in Köln. Ute hat das Deutsch Staubarchiv vorab besucht und mit dem Initiator und Gründer Wolfgang Stöcker ein anregendes Gespräch über Staub geführt.

Wann hast Du das Deutsche Staubarchiv gegründet und wie kam es dazu?
2004 ging es los, die erste Probe stammt aus dem Dom von Köln. Wie es dazu kam? Nun, ein Sammler war ich schon immer. Ich hatte auch schon einmal den Gedanken gefasst, eine Spinnwebensammlung zu eröffnen. Dazu ist es nie gekommen. Sehr inspiriert hat mich die Sammelleidenschaft meiner Großmutter! Sie sammelte unter anderem Zuckerklümpchen! Zudem studierte ich Geschichte und habe so eine Verbindung zu Archiven.
Der Staub ist ein schönes Sammelobjekt, es ist nutzlos. Die Kombination mit „bedeutenden“ Bauten, das hat mich fasziniert, der Reiz zwischen Bedeutung und Bedeutungslosigkeit. Über den Staub kann man wunderbar in eine Kulturdiskussion einsteigen. Kurz: Was machen wir sauber? Was nicht? Was schätzen wir wert? Was nicht?

Was ist der aktuellste Staub im Archiv?
Das war Staub aus dem Geburtshaus von Wilhelm Busch, der ist vor ungefähr zehn Tagen gekommen.  Etwas vorher habe ich Staub vom Uluru (Ayers Rock) bekommen. Er ist für die Aborigines ein heiliger Berg und der Staub wurde unten, in seiner Nähe gesammelt.

Hast Du einen Lieblingstaub?
Ich mag alle meine Stäube, aber der Staub aus dem Petersdom, während einer Papstmesse entnommen, das ist schon sehr besonders. Ebenso einige Kellerstäube aus berühmten Châteaus der Region Bordeaux, kulinarische Stäube. Auch einige seltene Proben aus dem Iran und Pakistan sind schon reizvoll, da an diese Orte nicht viele Menschen aus dem „Westen“ gelangen.

Staub aus Indien | Deutsches Staubarchiv
Staub aus der Umgebung einer Verbrennungsstelle in Indien | Deutsches Staubarchiv

Das Deutsche Staubarchiv sammelt in 6 unterscheidlichen Kategorien:

  1. Sakrale Stäube
  2. Kulturstäube
  3. Politische Stäube (von Orten jedweder politischer Macht)
  4. Kulinarische Stäube (vorzugsweise aus Weinkellern)
  5. Naturraumstäube
  6. Musikalische Stäube

Unterscheiden sich Kultur- oder Kunststäube von anderem Stäuben?
Prinzipiell, von der Form her nicht unbedingt. Der Staub richtet seinen Habitus nicht nach den Kategorien meines Archivsystems aus. Staub ist gleichermaßen demokratisch und anarchisch.

Sammelst Du auch Staubvarianten, oder nach Jahreszeiten?
Also, es kommen hier auch Sachen in die Ordner, die streng genommen kein Staub sind. Als da wären: Sande, Steinchen, Kaugummis (unter dem Sarg eines Hohenzollernfürsten entnommen), Fäden, Haare, Fingernägel, Insektenleichen …

… und Wollmäuse, die ja strenggenommen kein Staub sind, wie ich gerade gelernt habe. Grundsätzlich schreibst Du die Institutionen per Brief an und sie antworten auch in der Regel per Brief. Entweder mit der gewünschten Staubprobe oder einer Absage. Aber es gibt auch Staubscouts, die proaktiv Staub sammeln.

Wie kann man Staubscout werden?
Indem man Staub ans Archiv sendet, so wird man Scout. Ich habe einige sehr nette Menschen, die seit Jahren Staub senden, andere senden nur einmal. Aber es gibt schon eine kleine Staubgemeinschaft hier! Werden Sie Teil unserer Gemeinschaft!

Und dann kommt die Probe in einen Archivnormstaubbeutel und wird im Idealfall mit Fundortbeschreibung, Foto und anderen Nachweisen archiviert.

Staub Stadtkirche Unna | Deutsches Staubarchiv
Staub vom Dachboden der Stadtkirche Unna | Deutsches Staubarchiv

Was ist die Mission des Deutschen Staubarchiv?
Beachtet den Staub! Seht, er ist überall! Macht sauber! Aber auch: Nehmt Euch nicht so wichtig! Es geht zu Ende!

Welches Verhältnis hast Du persönlich zu Staub?
Ein liebevoll bis dramatisches Verhältnis.

Hast Du einen Wunschstaub?
Da gibt es einige: Staub aus dem Kreml, Weisses Haus, Schloss Bellevue etc., sprich: die großen Amtssitze der Regierungen. Diese Institutionen rücken keinen Staub heraus. Man kann diese Institutionen über Jahre hinweg anschreiben (was ich mache) es passiert (bisher) nichts. Nur aus Peking, aus der „Halle des Volkes“ da besitze ich eine Probe. Sie wurde aber geheim gesammelt. Zudem vermisse ich Staub vom Taj Mahal! Dort sind schon einige Staubscouts gewesen, vergessen jedoch immer zu sammeln. Das Gebäude scheint derart beeindruckend zu sein, dass man den Staub vergisst! Poetisch!
Ein Wunschstaub wäre auch eine Probe aus der Goldenen Pagode in Kyoto!

Danke für das Gespräch, lieber Wolfgang. Wir drücken die Daumen, dass Du Deine Wunschstäube bald erhälst.

Wolfgang Stöcker, Jahrgang 1969, ist freischaffender Künstler, Kunsthistoriker und Friedhofsexperte. 2004 gründete er das Deutsche Staubarchiv in Köln


Staubscouts

Unterstützt das Deutsche Staubarchiv, werdet Staubscout und sammelt mit uns Kunst- und Kulturstäube. Wir rufen alle deutschen Kulturinstitutionen auf, sich zu beteiligen. Natürlich sind Eure Häuser alle tippitoppi sauber, aber vor dem nächsten Großreinemachen findet ihr bestimmt irgendwo ein Stäubchen, das ihr eintüten könnt.

Zur Zeit liegt der Fokus auf Literaturstäube, also aus Geburtshäusern oder Wirkungsstätten von Autoren und Literaten, aber jeder Kulturstaub ist willkommen.
[Theaterstäube sind übrigens unterrepräsentiert! (Anm. d. Red.)]

Tütet ihn gut ein, macht ein Foto von der Stelle, wo er entnommen wurde, oder/und beschreibt es und schickt das ganze an:

Deutsches Staubarchiv
Dr. Wolfgang Stöcker
Am Fliederbusch 21
50827 Köln

Unsere Aktionen zum #kunstputz am 21. März 2015

 

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9 thoughts on “#kunstputz mit dem Deutschen Staubarchiv
  1. So eine witzige Idee – ich finde es immer klasse, wenn Kulturschaffende sich und ihre akribische Arbeit auch mal auf die Schippe nehmen. Das Staubarchiv zeigt deutlich, wie Archivarbeit funktioniert und regt ganz ohne pädagogischen Zeigefinger zum Nachdenken an: Was wollen wir (traditionell) für die Nachwelt erhalten und dokumentieren und was nicht – und warum eigentlich?
    Viele Grüße, Marlene

  2. Burg Posterstein in Thüringen möchte gern Staubscout werden – wir melden uns per Post und per Twitter!
    Viele Grüsse,
    Marlene

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